 |
|
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 | Interessantes um den Reitsport |
|
|
Recht !!!
|
Verkehrsunfall Reiter/Lkw-Zug; Sicherheitsabstand, Haftungsverteilung Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg, Urteil vom 7.4.2011 – 12 U 6/11 Pferd und Reiter benutzten zur Mittagszeit innerorts einen farblich markierten 1,75 m breiten Radweg, der sich mit der Fahrbahn auf einer Ebene befand und dadurch gleichsam zu ihr gehörte. Der Reiter trug eine leuchtfarbene Sicherheitsweste. In einer leichten Linkskurve überholte ihn auf der ca. 3,15 m breiten Richtungsfahrbahn ein vom späteren Beklagten zu 3) geführter gut 15 m langer Lkw Zug (mit Anhänger). Das Pferd brach aus ungeklärten Gründen, wahrscheinlich aber wegen der vorbeifahrenden Zugmaschine, mit seinem Hinterteil aus und wurde von dem Lkw-Anhänger, der rechts vorn mit einer in Fahrtrichtung ragenden Rampe versehen war, erfasst und auf die Fahrbahn geschleudert. Der Reiter „flog“ auf die Fahrbahn und erlitt Körperschäden, das Tier wurde in seinem hinteren Bereich schwer verletzt, konnte aber auf Grund mehrmonatiger tierärztlicher Behandlung weitgehend genesen. Es verblieb jedoch eine sichtbare Narbe, und die Tauglichkeit des Pferdes zum bisherigen Gebrauch als Therapiepferd wurde eingeschränkt. Der von der Tierhalterin auf Schadensersatz in Anspruch genommene Lkw-Fahrer, der im Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Körperverletzung freigesprochen wurde, will von dem Unfall überhaupt nichts bemerkt haben. Landgericht (LG) Potsdam und in der Berufungsinstanz das OLG konnten ein Verschulden des Lkw-Fahrers und des Reiters nicht feststellen. Er hätte einen Sicherheitsabstand von 1,50 bis 2,00 m einhalten müssen. Die Unterschreitung eines Abstandes von 1,80 m war ihm aber nicht nachzuweisen. Beide Instanzen erkannten eine Mithaftung des Lkw-Fahrers wegen der Betriebsgefahr des Fahrzeuges und bewerteten die mitwirkende Tiergefahr des Pferdes mit 2/3, so dass der Pferdehalterin nur 1/3 ihres Schadens zu ersetzen sei. Nach Auffassung des OLG war die Tiergefahr doppelt so hoch zu bewerten wie die des Lkw- Zuges, weil das Pferd gescheut hatte und sich in die Fahrspur des Anhängers hineingedreht hatte. Die Mitwirkung des 30 m langen Lastzuges wurde trotz seiner Schwere und Größe sowie der nach vorn ragenden Rampe nur halb so hoch bewertet wie die des Pferdes. LG und OLG sahen den Unfall als vergleichbar mit dem an, den das OLG Celle am 19.12.2002 zu beurteilen hatte (14 U 94/02): Dort geschah es auf einer mit maximal 70 km/h befahrbaren Bundesstraße. Das Pferd mit der Reiterin betrat die Fahrbahn, als der Lkw nebst Anhänger sich schon in unmittelbarer Näher des Tieres befand. Trotz seiner äußerst begrenzten Reaktionsmöglichkeiten wich der Lkw-Fahrer nach links aus, musste aber wegen Gegenverkehrs sofort wieder nach rechts lenken. Das Pferd scheute, und der Lkw-Anhänger erfasste es. Das OLG Celle verneinte sowohl bezüglich des Lkw-Fahrers als auch der Reiterin jegliches Verschulden und bewertete die Gefahr des Pferdes mit 70 %, die des Lkw-Zuges mit 30 %. Im hier besprochenen Fall meinte das OLG Brandenburg, die Reaktionsmöglichkeiten des Kraftfahrers seien ebenfalls äußerst begrenzt gewesen. Denn die Kollision sei erst durch das Scheuen des Pferdes verursacht worden, als der Lkw dieses bereits passierte. Dabei spielte es nach Auffassung des 12. Zivilsenats keine Rolle, dass Pferd und Reiter lange vor dem Unfall für den Lkw-Fahrer deutlich sichtbar waren und dieser trotzdem von dem gesamten Vorgang nichts bemerkt haben will. Unseres Erachtens eine bemerkenswerte Entscheidung, die den bisher bekannten Gerichtsurteilen zu Unfällen zwischen Kraftfahrzeugen und Reitern im Straßenverkehr eine interessante, wenn auch u.E. nicht überzeugende, neue Variante hinzufügt: z.B. OLG Hamm vom 16.12.1993 (27 U 156/93) Ein Pkw-Fahrer überholte mit ca. 75 km/h eine Reiterin, die teils den Grünstreifen neben der Fahrbahn und teils den rechten Fahrbahnrand benutzte. Als der Pkw die Reiterin erreichte, brach das Pferd aus, geriet auf die Fahrbahn und wurde von dem Pkw erfasst. Der Pkw- Fahrerin und ihrer Versicherung wurden 2/3 des Schadens der Reiterin aufgebürdet. Denn sie hätte zwecks Vermeidung einer Irritation des Pferdes mit unabsehbaren Folgen vorsorglich weit nach links in die Gegenfahrbahn ausweichen und ihre Geschwindigkeit reduzieren müssen. Sie hatte es sehr viel mehr in der Hand als die Reiterin, den Schaden abzuwenden, weil sie sich von hinten näherte und die Reiterin dieser Situation ausgesetzt war. OLG Köln vom 14.1.1992 (9 U 7/91) Ein Pkw fuhr innerörtlich auf einer 6,10 m breiten Straße schneller als erlaubt, nämlich mit 64 statt 50 km/h und überholte zwei äußerst rechts hintereinander gerittene Pferde in einem Abstand von maximal 1,50 m. Der Fahrer vollzog eine Notbremsung, kollidierte aber trotzdem mit einem der beiden Pferde, weil es scheute und mit dem Hinterteil in Richtung Fahrbahn ausbrach. Pkw-Fahrer und Versicherung hatten hier 80 % der entstandenen Schäden zu tragen, während die Tierhalterhaftung nur mit 20 % anzusetzen war. Amtsgericht (AG) Bremen vom 18.10.2002 (7 C 244/02) Hier war die Straße sehr schmal, nämlich 2,40 bis 2,90 m. Auf ihr befanden sich hintereinander drei Reiterinnen. Ein Pkw-Fahrer überholte diese mit ca. 30 km/h und 60 cm Abstand. Eines der Pferde brach aus, als der Pkw sich in seiner Höhe befand, und es kam zum Unfall. Das AG erkannte auf ein Verschulden des Unfalls durch den Pkw-Fahrer, weil er nicht vorsorglich weit nach links auswich, um mögliche Irritationen des Pferdes zu vermeiden. Es berücksichtigte die Tiergefahr mit 50 %, so dass Fahrer und Versicherung zu ½ hafteten.
|
|
 |
 |
 |
 |
|
 |